Der neue Spaß am Fahrradfahren | Neue Braunschweiger

2022-05-29 07:56:23 By : Ms. Gao Aria

Das Fahrrad gewinnt als Fortbewegungsmittel an Bedeutung und das verändert die Stadt

Mal schnell von A nach B: Radfahren boomt – und angesichts der hohen Spritpreise lässt sich im Moment viel Geld sparen Foto: Sebastian Hofer/Pressedienst Fahrrad

Braunschweig. Auch wenn belastbares Zahlenmaterial fehlt, es ist überall zu sehen: In der Stadt sind immer mehr Menschen mit dem Fahrrad unterwegs. „Und immer mehr auf Pedelecs“, fügt Martin Opiela, Verkehrssicherheitsberater bei der Polizei Braunschweig hinzu. Die Fahrräder, die allein per Muskelkraft angetrieben werden – Opiela und seine Kollegin Julia Mispelhorn nennen sie „Bio-Räder“ – geraten immer mehr ins Hintertreffen. Obwohl mehr Menschen mit dem Rad fahren, weist die Statistik sogar eine geringfügig niedrigere Unfallquote aus. Die Zahl der Radunfälle sank von 548 (2020) auf 510 (2021). Woran das liegt, darüber können die Verkehrssicherheitsberater nur spekulieren. Eventuell daran, weil der Verkehr bedingt durch Corona und Homeoffice insgesamt weniger war. Dabei haben Pedelecs nicht nur „eingebauten Rückenwind“, sondern auch ein eingebautes Sicherheitsrisiko, bedingt durch das insgesamt höhere Fahrtempo. Egal, ob die Verkehrssicherheitsberater in einer 1. Klasse sind oder mit Erwachsenen zu tun haben, immer weisen sie darauf hin. Durch in den Rahmen integrierte Akkus sind Pedelecs beim Blick von vorn auch nicht sofort als solche erkennbar. „Das führt dazu, dass ihr Tempo falsch eingeschätzt wird“, sagt Opiela.

Speziell ältere Menschen lassen sich fürs E-Bike begeistern, wissen aber anfangs nicht immer, worauf sie sich damit einlassen. In den Pedelec-Trainings, die gerade jetzt wieder anlaufen, hätten eigentlich alle Teilnehmer ihr persönliches „Aha-Erlebnis“, sagen die beiden Verkehrssicherheitsberater bei der Polizeiinspektion Braunschweig, Julia Mispelhorn und Martin Opiela. Entweder, weil die Teilnehmer ihre körperliche Fitness anders eingeschätzt haben und nun bei den Langsamfahrübungen oder beim Schulterblick merken, dass sie doch nicht mehr ganz so beweglich sind. Oder sie erleben ihren persönlichen Schreckmoment, wenn sich der Motor zuschaltet und das Rad plötzlich „abgeht“. Oder sie erschrecken sich, weil die hydraulischen Bremsen ungewohnt stark zupacken. Da kann man schnell ins Schlingern geraten. „Ist uns selbst beim ersten Mal auf Pedelecs so ergangen“, sagen die Verkehrssicherheitsberater, die beide selbst begeisterte Radfahrer sind. Aber auch die Technik selbst überfordere manchen Nutzer. Riesendisplays, auf denen bis zur Außentemperatur alles angezeigt wird, und das in Farbe, außerdem jede Menge Schalter, das ist eine Herausforderung. Wer sich damit erst beschäftigt, wenn er auf dem Pedelec sitzt, liegt als nächstes vielleicht schon in einer Hecke.

Vielleicht sind es solche Unfälle und Unsicherheiten, die dazu führen, dass manches neugekaufte E-Bike erst einmal wieder in der Garage oder im Keller verschwindet. In den Trainings treffen Julia Mispelhorn und Martin Opiela häufig auf Menschen, die sich zwar ein E-Bike angeschafft, es dann aber wieder weggestellt haben. Diesen Menschen versprechen sie: „Wir nehmen Ihnen die Kontaktangst.“

Die Trainings sind genau dafür gemacht, nämlich sich in aller Ruhe mit der Technik und dem Fahrverhalten vertraut machen zu können. Bis zu zehn Teilnehmer dürfen bei jedem Termin mitmachen, das Interesse ist groß. „Wir üben in einem Schonraum“, sagt Martin Opiela und: „Bei den Seminaren herrscht Helmpflicht.“ Das Gute daran: Hier können Menschen Erfahrungen machen, die bereits ein E-Bike haben oder sich eines anschaffen möchten und noch auf der Suche nach dem richtigen Modell sind. Partner Velocity bringt immer eine kleine Auswahl mit, zum Beispiel auch welche mit kleinen 20-Zoll-Reifen, sodass jeder sein „Wohlfühlrad“ finden kann.

Die Unfallzahlen sprechen bislang keineswegs dafür, dass ältere Menschen auf Pedelecs ein fahrendes Sicherheitsrisiko sind. Julia Mispelhorn und Martin Opiela möchten, dass es so bleibt. Dürften sie sich etwas wünschen, dann bleibt es nicht bei einem Wunsch, sondern es wird eine kleine Liste.

1. Einen Helm aufsetzen, „Bei jeder Fahrt, auch auf der kürzesten Strecke“. Außerdem mit heller Kleidung für Sichtbarkeit zu sorgen. Ebenfalls gut sind flexibel an Armen oder Beinen anzubringende Reflexbänder. 2. Unbedingt in der vorgeschriebenen Verkehrsrichtung und rücksichtsvoll fahren. 3. „Die Sicherheitsausrüstung ist super wichtig.“ Das Fahrrad muss beleuchtet sein. 4. Ablenkung ist tabu: Das gilt für Handy und Smartphone gleichermaßen im Auto und auf dem Rad. Auch Kopfhörer sind keine gute Idee.

Auf einem Pedelec zu fahren, mache einfach sehr viel Spaß. Trotzdem: „Es ist keine Pflicht, mit Tempo 25 zu fahren, nur deshalb, weil das Rad das kann.“ Julia Mispelhorn sagt, dass mehr Rücksichtnahme gut wäre. Sie und ihr Kollege sehen weniger einen bestimmten Gefahrenpunkt in der Stadt als vielmehr die Gefahren, die daraus entstehen, wenn viele ganz unterschiedliche Nutzer auf einem Weg unterwegs sind. „So wie in Mascherode, auf den Waldwegen ist da jetzt richtig was los“, nennt Opiela ein Beispiel, „oder auf dem Ringgleisweg oder am Südsee.“ Statt mit dem Rad durch die Fußgängergruppe zu preschen, müssten Fahrweise und Fahrtempo dem Verkehrsaufkommen angepasst werden. Martin Opiela erinnert an die Straßenverkehrsordnung, schon mit dem ersten Paragraph ist eigentlich alles gesagt: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“

Pedelecs erfreuen sich einer stetig wachsenden Beliebtheit, auch und besonders bei älteren Menschen. Da sich durch die Möglichkeit höherer Geschwindigkeiten auch Gefahren ergeben können, bieten die Verkehrswacht Braunschweig und die Verkehrssicherheitsberater der Polizei wieder Pedelec-Trainings an. Die Kursangebote richten sich insbesondere an Seniorinnen und Senioren, die über 65 Jahre alt sind. Der 3,5-stündige Kurs umfasst eine theoretische Einweisung und praktische Inhalte im Schonraum für alle, die sich mit dem Pedelec vertraut machen wollen. Die Trainings werden in der Jugendverkehrsschule I, Ortwinstraße 4 in Braunschweig stattfinden. Für die folgenden Termine ist eine Anmeldung ab sofort möglich: 24. Mai, 14. Juni, 12. Juli, 25. August und am 20. September, jeweils in der Zeit von 13.30 bis 17 Uhr.

Die Anmeldung sowie die Einnahme eines kleinen Unkostenbeitrags erfolgt über die Verkehrswacht Braunschweig unter der Telefonnummer 0531/3 90 72 22 oder per Mail an verkehrswacht.braunschweig@t-online.de.